Alltag in Sydney

von Konrad Bucheli
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Mittwoch 12. Oktober bis Samstag 5. November 2016

Unter der Woche sind meine drei Lieben meistens alleine unterwegs. Es geht zur "Story Time" in die Waverly Library, zum Aquarium oder in den Zoo. Rolf und seine Familie wurde inzwischen von Marcel mit Dorothea und ihrer zweieinhalb jährigen Lynn abgelöst. Unsere Frauen besuchen seit neustem mit unseren Kindern die Playgroup im Holdsworth Community Centre. Den Spielplatz kennen wir schon. Aber am Morgen hat es gegen ein kleines Entgelt ein etwas umfangreicheres Unterhaltungsprogramm mit Spielsachen, Basteln, Geschichten, etc.

Unsere Kinderlein entwickeln sich weiter. Oder zurück, je nach dem wie man es sieht. Kiara klettert nun sehr gerne. Das kann auch mal gefährlich werden. Auf dem Spielplatz ist sie auch schon mal über- oder runtergepurzelt. Einmal als ich dabei war wollte sie wie Jann die Rutschbahn hochlaufen. Irgendwann wird es zu steil und es geht wieder bäuchlings runter. Und Vati schaut dass es nicht irgendwie anders runter geht. Sie probiert es immer wieder und plötzlich merkte sie, dass sie weiter kommt wenn sie sich an der einen Seite hält und mit den Füssen auf der anderen Seite mit etwas Druck sich quasi einklemmt. Nach fünf oder sechs Versuchen schaffte sie es, sich da ganz hochzuhangeln. Gratulation! Auch sprachtechnisch geht es weiter. Es gibt jetzt richtige Silben wie Mama, Baba und Dada.

Jann hat einen neuen Spleen: er möchte von Vati und nicht von Mami gewickelt und angezogen werden. Schliesslich ist er ein Mann und ich auch, aber Mami nicht. Der Einfluss von Lynn zeigt sich auch schon. Auf der Strasse läuft er meistens ganz brav an der Hand. Etwas anderes ist ihm auch nicht wohl. Manchmal auch wenn es gar nicht nötig wäre. Lynn ist auf dem Trottoir schon sicher alleine unterwegs. Wenn Lynn auch mit dabei ist will und traut er sich auch alleine zu laufen. Zuhause will er aber eher Baby sein. Kiara fordert jetzt ihren Platz ein und das gefällt dem Herr nicht so sehr. Und das Spielzeug des anderen ist immer das Interessanteste. Jann nimmt es Kiara einfach weg und dann gibt es ein Geschrei. Oder Jann hat es und Kiara will es auch und dann gibt es auch ein Geschrei. Ansonsten kann man sich mit ihm inzwischen richtig unterhalten. Und er hat Freude an den Flughunden gefunden. Vor dem Zubettgehen schauen wir jetzt meistens aus dem Fenster in die Dämmerung über der Stadt und schauen den ausschwärmenden Flughunden zu.

An den Wochenenden gibt es dann meisten auch einen Ausflug mit mir zusammen. Am Sonntag 16. Oktober wanderten wir von der Watson Bay bis nach Bondi. Insgesamt sind das sieben Kilometer. Jann ist brav marschiert und wurde mit gelegentlichen Spielplatzpausen und am Schuss mit einer Glace (von Messina natürlich) belohnt. Der Weg führte meistens entlang oben an den Klippen über dem Pazifik. Zwischendurch ging es dann auch durch die Häuser zu einem Park auf dem Rücken des Hügels. Von da hatte man dann wunderbare Aussicht über die Stadt.

Am folgenden Samstag 22. Oktober gehen wir zusammen mit Marcels Famile zum Featherdale Wildlife Park. Der liegt im Westen der Stadt in der Nähe von Blacktown. Mit dem ÖV ist es etwa eine Stunde. Lynn "gehört" da ein Koala. Sie hatte eine Patenschaft auf Weihnachten bekommen und durfte ihn nun besuchen. Ja, Koala knuddeln gehört da zum Programm. Bei uns ist er dann aufgewacht und hat uns angeschaut. Ansonsten hätte man diese Siebenschläfer auch für Plüschtiere halten können. Ich finde auch die Wombats sehr knuddelig, nur die beissen. Nach dem Mittagessen wollten dann die frechen Ibise (die sind vermutlich wild, denn die sieht man auch hie und da in der Stadt) auch was und haben Kiara in die Finger gepickt als sie alleine um den Tisch spaziert ist. Dabei hatte sie gar nichts in den Händen. Etwas erfolgreicher waren sie dann bei der Echidnafütterung. Die waren etwas schneller als die gemächlichen Ameisenigel an den Fleischtöpfen. Die Wallabies und Känguruhs kann man auch Füttern. Dazu kann man so eine Cornetwaffel (die mit Kartonkonsistenz) voll von kleingeschnittenem Heu kaufen. Jann traute sich natürlich nicht, das richtig hinzuhalten. Da muss Mama helfen. Und ein Frechdachs nahm dann die ganze Waffel mit. Gut, darum sind die essbar. Hatte ja auch nicht mehr viel drin. Zum Schluss gingen wir noch in den Streichelzoo. Auch dass wurde eine Katastrophe für Kiara, denn die frechen Ziegen überfielen sie gerade zu und eine knabberte dann an ihrer Hand. Und Jann ist für aufdringliche Tiere sowieso nicht zu haben. Da werden wir sicherlich wieder mal hingehen wenn wir wieder in Sydney sind.

Am Sonntag 30. Oktober haben wir uns der Kunst gewidmet. Zwischen den Stränden von Bondi und Tamarama wurden für zweieinhalb Wochen über hundert Skulpturen aufgestellt. Der Anlass nennt sich „sculpture by the sea“. Unglaublich viele Leute drängten sich auf dem Küstenwanderweg. Nunja, an der Kilbi in St. Urban ist es schlimmer... Da war die Skulpur, die nicht mehr da war. Irgend aus einem mir unbekannten Grund hat Petra irgendwas über sie aufgeschnappt. Nur war da nichts mehr ausser einer kleine Tafel mit einem noch kleineren Bild von einer Kugel mit rostigen Dingern. Sie soll ein bisschen unter den Wellen der Flut gelitten haben... Neben dem gestrickten Korallenriff sind uns zwei Skulpturen in lebendiger Erinnerung geblieben. Die erste ist eine grosse Kugel deren Schale aus Bambusstangen geflochten war. Sie war hohl und man durfte sie betreten. Meistens waren Kinder drin und Jann wollte da auch rein. Da war eine kleine Schlange. Jann durfte rein. Er ist da etwas rumgeklettert ("Jann, nicht so hoch!"), wollte dann wieder raus, dann doch wieder nicht. Petra ging etwas Fotografieren und ich stand nicht zwei Meter neben dem Eingang und schaute irgendwie Petra nach und versuchte dann Jann wieder durch das Bambusgewirr im Innern der Kugel auszumachen. Irgendwie finde ich ihn nicht. Petra kommt zurück, ruft ihm und meinte, wenn er nicht antwortet ist er auch nicht da. Sie geht zügig weiter und findet ihn etwa 30 Meter weiter in Panik schreiend herumrennen weil er uns verloren hat. Ui. Ganz in der Nähe hatte es ein in den Boden eingelassenes Holzschiff, welches eine Stadt trug. Und da hatte es auch Klötzli, mit denen man an der Stadt weiterbauen konnte. Nicht nur unseren Kindern hat das gefallen. Hier haben wir dann unser Picknick gegessen. Wir folgten dem Küstenwanderweg noch etwas über die Tamarama Beach hinaus bis an die Bronte Beach. Dort wollten wir Zvieri essen. Da lief Petra Marcel über den Weg. Dorothea und er waren mit Lynn baden und so gab es dann ein Zvieri im grösseren Rahmen, während wir unsere Kinder auf dem Spielplatz austoben liessen.

Und am Tag darauf ist der 31. Oktober. Halloween. Ich hab das nur in Irland gefeiert, denn von da kommt es ursprünglich auch her. Bei uns in der Schweiz passt es einfach nicht hin. Aber hier waren schon das eine und andere Haus entsprechend geschmückt und Petra hat dann mit den Kindern einen schaurig-schönen Kürbis geschnitzt und ein paar „Gespenster“ für ans Fenster gebastelt. Und sie hatte noch nie so viel Besuch wie an diesem Tag. Aber sie war auch vorbereitet und hatte da Schokolade zum Verteilen.