Karijini National Park

von Konrad Bucheli
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Freitag/Samstag 12./13. August 2016

Heute warten etwas über 200 km Naturstrasse auf uns. Kurz nach dem Start im Millstream Chichester Nationalpark begegnen wir einem grossen roten Känguru und seinem kleinen Kumpanen. Für mich ist es das erste Mal, dass ich ein rotes Känguru in freier Wildbahn sehe. An der Ostküste leben die etwas kleineren grauen.

Etwa 80 km folgen wir der privaten "Rail Access Road". Die wird für die Wartung der Minenbahn benötigt. Heute nehme ich mir die Zeit, die Anzahl Wagen zu zählen: drei Lokomotiven und 236 Wagen sind es. Die ganze Zeit begleitet uns wunderbar die Hamersley Range, dann fahren wir in sie hinein und kreuzen sie.

Wir biegen dann Richtung Osten zum Karijini Nationalpark ab. Die Strasse wird schlechter. Dann kommt eine Abzweigung: die eine Strasse führt zu einer Mine, unsere Strasse führt zu einem "Airport". Nunja, einen "Airstrip" hat hier jeder bessere Nationalpark. Und die Strasse wird jetzt auffallend gut. Und siehe da, nach etwa zehn Kilometer kommt der Flughafen. Und es steht ein richtige Düsenmaschine da. Auf unserer Karte ist hier weit und breit nichts eingezeichnet. Und nein, es ist nicht der Airstrip vom Karijini Nationalpark, der ist etwa 100 km entfernt. Zum ersten Highlight des Parks sind es aber nicht mehr viel mehr als zehn, fünfzehn Kilometer: die Hamersley Schlucht. Aber es kommt noch eine Überraschung: auf einem Platz hat es grosse Heuballen, bis zu fünf Stockwerke hoch geschichtet. Und kurz darauf sehen wir auch die Herkunft: im Talboden hat es gigantische, von riesigen Bewässerungsanlagen gezeichnete grüne Kreise.

Etwas weiter, kurz vor der Hamersley Schlucht, hat es eine Rastplatz. Wir essen zu Mittag. Da hat es noch eine interessante Informationtafel: aha, seit unsere letzten Unterkunft in "bewohntem" Gebiet vor zwei Tagen in Roebourne haben wir etwa 300 km zurückgelegt und sind im Gebiet von sechs Aborigines-Sprachgruppen vorbeikommen. Da müssen wir uns in der Schweiz wegen der paar Dialekten nichts einbilden. Weiter zur nächsten Tafel. Was? Wifi hat es hier auch? Tatsächlich, wir können unsere E-Mails abrufen. Hier draussen im Nichts. Nunja, zum Flughafen ist es so weit ja auch wieder nicht.

Die Hamersley Schlucht ist, nunja, der Hammer. Neben der üblichen wildromantischen Schönheit sind auch die von Urgewalten verbogenen Felsbänder faszinierend. Eine einzelne Schicht ist etwa vier Zentimeter breit und zwischendurch wechselt mal die Farbe. Und da gibt es Bögen mit kleinen Radien von vielleicht zwei, drei Meter.

Wieder auf der Strasse wird es idyllisch. Petra meint, es fehlen nur noch ein paar Ostereier. Ein kleines violettes Blümchen wächst manchmal in einem dichten Teppich um die Bäumchen und Büsche.

Unser nächstes Ziel ist ein Aussichtspunkt beim Mount Bruce. Dieser Berg soll der zweithöchste in Westaustralien sein. Nur die Höhe finde ich irgendwie nirgends. Da soll man eine gute Aussicht auf die Marandoomine haben. Sie sieht von der Seite aus wie eine lange Baustelle. Aber es hat auch ein paar interessante Informationen hier: das Gebiet der Mine wurde ent-nationalparkt. Abgebaut wird Eisenerz, welches dann zerbröselt auf die Züge und dann für den Export auf die Schiffe geladen wird. Inzwischen ist die Mine tiefer als der Grundwasserspiegel. Das ausgepumpte Wasser wird in die nächstgelegene Stadt Tom Price und über 300 km hoch in den Norden nach Karratha gepumpt. Richtig, neben der Eisenbahn hat uns auch eine Pipeline begleitet. Und dann wird es noch für ein lokales Agrarprojekt verwendet. Ich glaube da sind wir auch vorbeigefahren. Und ja, das Personal wird regelmässig ein- und ausgeflogen.

Wir übernachten im Karijini Eco Retreat. Kaum angekommen, besucht uns eine "Renntaube". Petra nennt sie so, weil sie hauptsächlich rennt und nicht fliegt. Sie ist eine farbige Verwandte der grauen "Pickelhaubentaube", mit der wir bei der Eighty Mile Beach Bekanntschaft gemacht haben. Sie hat auch so eine lustige lange spitze Federhaube auf dem Kopf.

Am Samstag grasen wir dann die weiteren Highlights vom Park ab. Hier besteht die Hamersley Range aus kleinen sanften Hügeln, in denen dann plötzlich die Abgründe aufbrechen. Zuerst wandern wir zur nahegelegenen Joffre Schlucht. Nett. Dann fahren wir zum Oxer Lookout/Weano Schlucht. Wow, das geht ja 100 Meter runter. Und es kommen gerade drei davon zusammen. Moment, die schreiben da was von vier. Wo ist die denn? 30 Meter weiter hat es eine zweite Plattform. Oh, da versteckt sie sich ja! Zurück beim Auto hören wir einen Ausruf. Oh, da rennen ja ganze acht fünf Zentimeter lange Beine über die Strasse. Die gehören zu einer stattlichen Spinne.

Die Knox und auch die Kalamina Schlucht sind nett. Die letzte sind wir dann auch hinuntergestiegen und haben anschliessend zu Mittag gegessen. Da sind wir mit einem australischen Paar ins Gespräch gekommen:
Ob wir den Volkszähltag auch mitbekommen haben.
Ja, das Formular haben wir auch ausgefüllt.
Er arbeite für die Firma, welche die Online-Variante dieses Formulars entwickelt hat.
Interessant.
Ob wir die Nachrichten gelesen hätten.
Nein, welche?
Das System wurde an eben jenem Abend, am Stichtag vom 9. August, gehackt.
Autsch.

Es geht weiter zum Visitor Center. Im Park selber ist ein grosser Teil der Strassen geteert, mehr als in der Broschüre eingezeichnet. Aber hier haben wir eine ganz eklige Wellblechpiste erwischt. Alles wäre eigentlich wunderbar eben, aber manchmal haben diese Strassen aus unerfindlichen Gründen kleine regelmässige Wellen. So regelmässig, dass sie irgendwie maschinellen Ursprungs sein müssen. Je nach dem merkt man nicht mal viel, wenn man genügend Geschwindigkeit hat. Aber hier ist die Wellenlänge einfach zu gross und wir holpern da drüber. Nachdem wir das geschafft haben gibt es ein Glace zur Belohnung. Petra bezahlt die Nacht im zweiten Camping des Parks.

Dann beim Camping angekommen steht da so ein Schild: voll. Petra geht nachfragen: ja wir bekommen noch einen Platz. Es ist etwas nach drei, so gehen wir noch auf Wanderschaft. Zuerst kommt eine kleine Buschwanderung. Jann will heute nicht recht laufen, aber wir schaffen es ihn für die ersten zwei Kilometer zu motivieren. Es lohnt sich, schliesslich macht er uns mit einem "Was ist das?" auf einen Gecko aufmerksam. Es werden uns dann noch drei weitere begegnen. Dann plötzlich bricht das Gelände wieder spektakulär ein: ein etwa 50 Meter tiefes Halbrund mit Wasserbecken. Der Hauptzufluss ist 40 Meter weiter oben, aber der ist ausgetrocknet. Aber irgendwo plätschert noch etwas Wasser rein. Wir laufen am Rand weiter. Kurz darauf geht unsere kleine Schlucht in die grössere Dales Gorge über, in welcher der Fortescu River fliesst, dem wir weiter unten im Millstream Chichester Nationalpark schon begegnet sind. Wiederum etwa zwei Kilometer weiter wartet noch ein Wasserfall. Und dann geht es wieder zwei Kilometer zurück zu unserem Plätzchen.